Über die Nordsee segeln war der erste Höhepunkt in unserem zweiten Jahr auf dem Boot, auf den wir uns auf dem IJsselmeer vorbereitet hatten. Ausgangspunkt für unsere Reise von Holland nach Dänemark und Schweden sollte die westfriesische Insel Terschelling sein. Eigentlich wollten wir hier nur maximal zwei Wochen bleiben. Aber das Wetter – genauer gesagt der Wind – und unsere Batterien ließen das nicht zu. Zuerst stellten wir nach der Ankunft auf Terschelling fest, dass unsere Akkus nicht mehr in Ordnung waren. Das wollten wir vor der Überfahrt in Ordnung bringen. Während wir also auf unsere neuen Lithium-Akkus warteten und den Umbau planten, beobachteten wir argwöhnisch das Wetter. Der Wind wehte sehr beständig aus Nord bis Nordost. Also genau daher, wo wir gern hinwollten, nämlich zum Limfjord in Norddänemark. Nicht ideal.
Unsere erste Hochseepassage – etwas anders als gepant
Aber dann: Die Wettervorhersage für den 13. Mai und die folgenden Tage schien für die Fahrt zum Limfjord gut. Zumindest theoretisch. Etwa 15 Knoten – noch – Nordwind und Wellen mit weniger als einem Meter für den Anfang. Am nächsten Tag sollte der Wind auf Ost drehen und etwas ruhiger werden. Aber schon kurz nach der Abfahrt merkten wir, dass der Wind mit über 20 Knoten blies und die Nordsee mit kurzen und steilen Wellen uns das Leben schwer machte. Wir wurden beide ein bisschen seekrank, fuhren aber weiter. zunächst nordwärts, um die beiden Verkehrstrennungsgebiete zu durchqueren.

Kurz nachdem wir das erste VTG (Terschelling) passiert hatten, rief uns eine Ölplattform über UKW an und fragte, ob wir wüssten, dass um sie herum eine 500-Meter-Sperrzone herrsche. Die Entfernung zur Plattform betrug zu diesem Zeitpunkt 1,2 Seemeilen. Wir antworteten, dass wir das nicht wüssten, aber dass wir unseren Kurs entsprechend anpassen würden. Er bedankte sich bei uns und wünschte uns eine gute Fahrt. Nach Sonnenuntergang passierten wir das zweite Verkehrstrennungsgebiet (VTG German Bight Western Approach). Das war für uns eines der aufregendsten Erlebnisse beim über die Nordsee segeln. Nachts und dann noch durch die stark befahrenen „See-Autobahnen“. Ohne AIS für uns unvorstellbar.
Auf nach Helgoland – unser Plan B

Ein Tag war verstrichen und wir waren erschöpft. Wir hatten den ganzen Tag und die ganze Nacht gegen Wind und Wellen gekämpft. Das war so nicht geplant. Stimmte die Wettervorhersage für den zweiten Tag, hätten wir wir eventuell nicht segeln können, sondern hätten weiter motoren müssen, um Thyborøn zu erreichen. Aber dafür hatten wir nicht vielleicht mehr genug Diesel. Wir drehten ab und setzten Kurs auf Helgoland.
Beim ersten Licht des nächsten Tages schalteten wir den Motor aus und setzten die Segel, da der Wind für den Kurs auf Helgoland viel günstiger war. Aber nach zehn weiteren Stunden Fahrt war der Wind völlig abgeflaut. Wir schalteten also unseren treuen Motor wieder ein. Nach insgesamt 33 Stunden kam Helgoland in Sicht.
Es war 20 Uhr, als wir den Hafen von Helgoland erreichten. Der Ponton war voll und so legten wir an einem anderen Boot an und schliefen kurz darauf ein. Am nächsten Morgen mussten wir um 7 Uhr aufstehen, um das Boot zu verlegen. Das Boot, an dem wir längsseits lagen, wollte früh los, um die Flut zu erwischen.
Unsere Learnings beim Nordsee segeln
Es war ein wichtiger Meilenstein für uns: Das erste Mal über offene See, kein Land mehr in Sicht, kein Internet, kein Telefon. Nur wir zwei und das Meer. Und auch wenn es mir anfangs ein wenig mulmig war und ich dann auch noch ein wenig seekrank wurde, hatte ich keine Angst. Ich wusste, wir würden das gemeinsam packen. Rückblickend haben wir vielleicht einiges falsch gemacht, weil wir unerfahren waren. Wir hätten vielleicht nicht den Kurs beibehalten dürfen, sondern direkt abfallen müssen nach Helgoland – unserem Plan B. Aber wir waren uns immer sicher, dass der Wind sich noch zu unseren Gunsten dreht und wir die Segel setzen können. Das haben wir definitiv gelernt. Wenn die Bedingungen anders sind, als vorhergesagt, pass dich an und hoffe nicht auf ein Wunder.