Als wir beschlossen haben, dauerhaft auf unserem Segelboot zu leben, war eine der zentralen Fragen: Können wir Remote arbeiten auf dem Boot und so auch unterwegs zuverlässig Geld verdienen – ohne festes Büro, ohne stabile Infrastruktur, aber mit sehr viel Meer rundherum? Dabei hatten wir keine großen Ambitionen für den Aufbau von Socia media Kanälen oder Affiliate-Websites, wo die zu erwartenden Einnahmen in der Regel nicht dem Aufwand entsprechen.
Unsere Lösung: Remote Work vom Segelboot aus

Bei Tommy war schnell klar — Remote arbeiten auf dem Boot war für ihr kein Problem. Er war seit dem Studium selbstständig und arbeitete schon immer von zuhause aus. Tommy ist Softwareentwickler – teils selbstständig, teils angestellt. Er arbeitet ab und zu mal an Kundenprojekten und ansonsten täglich bei seinem Arbeitgeber.
Arbeiten an Bord – Wie wir unterwegs Geld verdienen
Für mich hingegen war die Antwort nicht so leicht. Durch Corona war die Digitalisierung bei uns im Unternehmen keine Utopie mehr. Aber ein so ein ungewöhnliches Konzept bei einem mittelständischen Unternehmen? Ich überlegte schon Plan B. Doch anders als gedacht, liess man sich ein auf dieses Experiment. Also arbeite ich seit inzwischen 3 Jahren weiterhin als Produktmanagerin – mit Projektverantwortung, Team-Meetings und redaktionellen Absprachen.
Technische Voraussetzungen an Bord
Absolut essentiell für uns ist selbstverständlich eine stabile Internetverbindung und ein Laptop. Mehr brauchen wir für das remote arbeiten auf dem Boot nicht. Für das Internet haben wir uns bewusst gegen Starlink entschieden. Und das bevor Elon Musk unerträglich wurde. Wir hatten die Varianten mal durchgerechnet und kamen zu dem Schluss: So lange wir hier in Europa sind und durch das europäische Roaming mobiles Internet über Landesgrenzen hinweg problemlos und kostengünstig funktioniert, brauchen wir kein Satelliten-WiFi.
Liegen wir im Hafen, ist Strom kein Thema. Vor Anker und mit ausreichend Sonnenschein haben wir genug Strom für ein paar Tage bzw. auch unbegrenzt durch unsere Solarpanels. Unsere liebsten Arbeitsplätze sind in unserem Salon am Tisch. Ich sitze auch gern mal im Cockpit und für Meetings gehe ich ins Vorschiff, um Tommy nicht zu sehr zu stören.
Zeitmanagement & Routinen
Wie damals bei Corona im Homeoffice gilt auch beim Boatsoffice auf eine gesunde Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu achten. Das gelingt uns inzwischen ganz gut. Sind die Laptops verstaut, ist Feierabend. Um uns nicht zu sehr zu stressen, laufen wir bei Sturm immer einen Hafen oder eine geschützte Ankerbucht an. Das ist zum Glück in Mittel- und Nordeuropa kein Problem. Hier findet man immer einen bezahlbaren Liegeplatz oder eine freie Bucht. Und haben wir Pech und erwischen einen Hafen mit viel Schwell, wie in Amsterdam im ersten Jahr, dann muss man eben alles gut festhalten.
Herausforderungen beim Arbeiten unterwegs
Die größte Herausforderung ist für mich das Fehlen meines direkten Kontakts zu meinen KollegInnen. Manchmal vermisse ich gemeinsame Mittagspausen und ein Feierabendbierchen ein wenig. Sind tagsüber Meetings angesetzt, wird meist schnell zum beruflichen gewechselt. Privater Austausch kommt zu kurz. Mit meinem Lieblingskolleginnen habe ich aber ab und zu digitale Mittagspausen. Und auch, wenn ein Zusammensitzen am Tisch des besten Falafelladens von Köln noch um einiges besser wäre, ist die Teams-Mittagspause immer eines meiner Highlights.
Unsere Tipps für Einsteiger
Unser Erfahrung nach verdient man, sofern möglich, mit dem eigenen Job in der Regel am besten und vom Tag eins an. Ja, es gibt auch YouTuber, die mit Ihrem Segelkanal gut verdienen. Aber auch hier muss man einiges an Zeit investieren und es dauert in der Regel auch eine Weile, bis sich das trägt. Rechnet man dafür einen Stundenlohn aus, ist das (zumindest aus unserer Sicht) nicht wirtschaftlich. Zudem ist man abhängig vom Anbieter und seinem Algorithmus. Unsere einzige Affiliate-Seite, die lange Zeit gut lief und regelmäßig ein paar Euro einspielte, liegt jetzt auf Eis, weil das Programm die Leads nicht mehr honoriert.
Es ist also immer gut, wenn solche Einnahmequellen nicht die einzigen sind. Und auch Kapitalerträge können nur einen Teil beitragen, denn man möchte schließlich nicht gezwungen sein, seine Aktien zu verkaufen, wenn Kurse wie dieses erste Halbjahr im Keller sind. Gut geplantes Entsparen und regelmäßige Dividenden sind dagegen eine gute Ergänzung, wenn man zum Beispiel als Selbstständiger im Sommer keine Kundenaufträge übernehmen will.
Welche Jobs eigenen sich für das Remote-Arbeiten auf dem Boot?
Eigentlich kann man unterwegs alles gut machen, was auch im „normalen Leben“ gut vom Homeoffice aus machbar ist und wo es nicht auf direkten Kundenkontakt ankommt:
- Grafik- und Webdesign
- Softwareentwicklung
- Produkt- und Projektmanagement
- Lektorat und Redaktion
Inzwischen haben wir aber auch Menschen getroffen, die von unterwegs aus Bauprojekte steuern, online Yogastunden geben oder Sprachkurse anbieten. Solange man das für Kunden oder Arbeitgeber in Deutschland macht, haben auch örtliche Behörden in der Regel kein Problem damit. Zumindest nicht in der EU oder Staaten wie Großbritannien oder Norwegen. Hier haben wir uns die Rechtslage schon angeschaut.
Fazit: Arbeiten an Bord – Traum oder Stress?
Würden wir’s wieder so machen? Definitiv ja! Und zwar ohne ein Aber. Es ist einfach traumhaft, direkt nach der Arbeit das Laptop zuzuklappen und in die nächste Ankerbucht zu segeln oder ins Wasser zu springen. Ein 9-to-5 im Büro und ein dauerhaftes Stadtleben wäre für uns nicht mehr denkbar.